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EIN WAHRER WISSENSBORN

Es ist nicht leicht, einem Menschen bis zum Lebensende treu zu sein, aber bedeutend schwieriger ist es, einer Sache für immer treu zu bleiben.
Solch ein Mensch ist Ida Bender, 1922 in Rothammel an der Wolga geboren, seit 1991 in Deutschland. Sie hat sich schon in jungen Jahren dem Schicksal ihrer russlanddeutschen Volksgruppe voll und ganz verschrieben, gleich ihrem Vater, dem Schriftsteller Dominik Hollmann, der bis zum letzten Atemzug seinen Russlanddeutschen treu geblieben ist. Was man leider nicht von jedem Russlanddeutschen sagen kann, viele zeigen Null Interesse an der deutschen Geschichte, der deutschen Sprache, der deutschen Kultur und der deutschen Literatur und werden somit, gewollt oder ungewollt, zum Schlendrian und Verräter der Russlanddeutschen. Ida Bender hielt sich ihr Leben lang an den berühmten Spruch von Luther: Hier stehe ich und kann nicht anders! Und das hat sie in ihrem Elternhaus mit Muttermilch aufgesaugt und an ihre Kinder und Enkelkinder weiter gegeben.
In der letzten Zeit wurde eine Reihe von Lebensberichten und Familiengeschichten geschrieben und veröffentlicht und dadurch einen Beitrag zur Geschichte der russlanddeutschen Volksgruppe geleistet.
Und nun noch ein Buch, das von Ida Bender, geb. Hollmann, „Schön ist die Jugend… bei frohen Zeiten“, eben erschienen, noch semmelwarm. Aber, Hallo! Schon die Aufmachung (blühende Steppenlandschaft), der Umfang (608 Seiten), das Genre (biographischer Roman) machen neugierig und wecken die Lust, das Buch zu lesen. Die authentische Schreibweise von Ida Bender ist faszinierend, das Fabulieren und Fantasieren lässt sie absichtlich außen vor im Unterschied zu den modernen jungen Schriftstellern, die mangels bitterer Lebenserfahrung und harter Schicksalsschläge meistens Material für ihre Werke aus der Luft greifen oder aus dem Finger saugen.
Das Buch ist nicht bloß eine Familienchronik, sondern eine zuverlässige Zeitchronik, auf die die kommende Dichter und Schriftsteller für ihre künftigen Werke aufbauen und aus ihnen schöpfen können.  Da die Zeit bekanntlich wie Sand uns wegläuft, ist es wichtig den Zeitfluss einzufangen und auf dem Blatt festzuhalten. Und das gelingt Ida Bender besonders gut, als Beispiel einige Passagen aus dem Kapitel „IV. Krieg“: „In unserer Familie wurden nie große Geburtstagsfeste gefeiert, nie dazu Gäste eingeladen, wohl weil wir all die Jahre mit so beschränkten Geldmitteln auskommen mussten und auch die zu kleinen Wohnungen keinen Platz für Gäste boten.“ (S. 182) „Damals trugen die Frauen auch keine Halsketten und anderen Schmuck. Gold hatten sowieso nur die Kapitalisten, das Proletariat hatte kein Gold! (Wer noch goldene Eheringe hatte, versteckte sie eiligst!) Anderer Schmuck – Halsketten, Ohr- und Fingerringe, Broschen – das war viel zu spießbürgerlich. Die Sowjetmenschen zierte das sportliche Aussehen, der Fleiß und Wissensdrang. So die Einstellung.“ (S. 182) „Das Radio – der schwarze tellerförmige Lautsprecher – hing an der Wand… kurz vor der gewöhnlichen Sendezeit, begann das Radio zu sprechen. … Vater… Mutter… standen wie gelähmt, denn aus dem schwarzen Trichter kam die Schreckensnachricht…“ (S. 183 – 184) usw. usf.
Mit einem Worte, das Buch muss man gelesen haben, um sich selbst zu überzeugen. Zu bestellen ist es beim Geest-Verlag, Lange Straße 41 a, 49377 Vechta, Tel. 04447/856580, oder direkt bei der Autorin per Telefon  040/7645182 oder per mail rudolf.be@web.de

W. Mangold